Vier Landtagswahlen, eine Bilanz

Salzburg beendete am 22. April das Landtagswahljahr 2018. Die vier relativ knapp aufeinanderfolgenden Regionalentscheidungen bieten eine gute Gelegenheit für eine Zwischenbilanz, die nach generellen Trends jenseits der Landesgrenzen sucht.

Zunächst die Ergebnisse: Sowohl ÖVP als auch SPÖ haben dreimal dazugewonnen (teilweise sogar sehr stark), die ÖVP zudem in Niederösterreich von einem hohen Ergebnis ausgehend eine absolute Mandatsmehrheit gehalten. Eine (kleine) Relativierung: In den meisten Fällen bauten die Zugewinne auf sehr niedrigen bzw. den niedrigsten Parteiergebnissen in den jeweiligen Bundesländern auf.

Die FPÖ kann sogar viermal ein Plus verzeichnen. Das Manko hier: Vorerst hat sie in keinem der Bundesländer ihre früheren Höchstwerte aus den 1990ern erreicht oder übertroffen, obwohl Konkurrenz wie etwa das Team Stronach oder das BZÖ (weitgehend) weggefallen sind.

Ebenfalls eindeutig der Trend bei den Grünen, die nach dem Ausscheiden aus dem Nationalrat weiter Boden verloren haben, aber in drei von vier Fällen das Aus auf Landesebene verhindern konnten – gleichzeitig aber zwei von drei Regierungsbeteiligungen einbüßten. Die NEOS zogen erstmals in drei der vier Landtage ein.

Landtagswahlergebnisse in Niederösterreich, Tirol, Kärnten und Salzburg 1945-2018

Anmerkung: Landtagswahlergebnisse 1945-2018 für (von links nach rechts, oben und unten): ÖVP, SPÖ, FPÖ (inkl. WdU und FPK) und Grüne
Grafik: Flooh Perlot
Quelle: wahldatenbank.at

Parteien reklamieren bei Landtagswahlen je nach Resultat oft einen bundespolitischen Trend der Ergebnisse, den man je nach Standpunkt auch hier finden kann. Eine weitere Lesart ist: Die Parteien der AmtsinhaberInnen bauten weitgehend ihre Stellung aus bzw. stabilisierten sie, da die WählerInnen mit den Entwicklungen ihrer Bundesländer deutlich zufriedener waren als noch 2013. Besonders Kärnten und Salzburg standen damals freilich im Schatten von Finanzskandalen.

“Hat sich (..) in den vergangenen fünf Jahren eher positiv oder eher negativ entwickelt, oder hat sich alles in allem nichts verändert?” – positiv entwickelt

Anmerkung: Anteil der Personen (in Prozent), für den sich das Bundesland in den jeweils vergangenen fünf Jahren eher positiv entwickelt hat.
Grafik: Flooh Perlot
Quelle: ISA/SORA-Wahltagsbefragungen im Auftrag des ORF

Unterschiede im Wahlverhalten

Neben dem Ergebnisvergleich lohnt der Blick auf das Wahlverhalten: Frauen und Männer entschieden sich bei den Landtagswahlen teils ziemlich unterschiedlich, dafür aber quer zu den Ländern ähnlich. Wählerinnen stimmten häufiger für SPÖ und Grüne, Männer überdurchschnittlich oft für die FPÖ. Die Abweichungen sind relevant: Hätten etwa in Kärnten nur Männer gewählt, gäbe es eine blau-türkise Mehrheit, während Frauen für eine klare SPÖ-Absolute gesorgt hätten.

Wahlverhalten Männer und Frauen

Anmerkung: Der Vorsprung bzw. Rückstand der jeweiligen Parteien bei Wählerinnen: Positive Werte bedeuten, dass mehr Frauen die Partei gewählt haben. Angegeben sind die Abweichungen vom Gesamtergebnis in Prozentpunkten. Gefüllte Balken bedeuten, dass das Ergebnis außerhalb der Schwankungsbreite liegt – also mit großer Wahrscheinlichkeit nicht nur durch Zufall nur in der Umfrage aufgetreten ist.
Grafik: Flooh Perlot
Quelle: ISA/SORA-Wahltagsbefragungen im Auftrag des ORF

Bereits in der Vergangenheit konnten ÖVP und SPÖ auf vergleichsweise starken Zuspruch unter älteren WählerInnen bauen, 2018 war keine Ausnahme – allerdings beschränkte sich dieser Vorsprung stets auf die Partei des Landeshauptmannes bzw. der Landeshauptfrau: In Niederösterreich und Kärnten lagen ÖVP bzw. SPÖ bei den über 60-Jährigen rund zehn Prozentpunkte über ihrem Gesamtergebnis, in Salzburg waren es 14, in Tirol mehr als 20 Prozentpunkte (jeweils ÖVP).

Wahlverhalten ältere Personen

Anmerkung: Der Vorsprung bzw. Rückstand der jeweiligen Parteien bei Wählerinnen ab 60 Jahren: Positive Werte bedeuten, dass mehr ältere Menschen die Partei gewählt haben. Angegeben sind die Abweichungen vom Gesamtergebnis in Prozentpunkten. Die Werte der Amtsinhaberparteien (Niederösterreich/Tirol/Salzburg ÖVP, Kärnten SPÖ) liegen außerhalb der Schwankungsbreite.
Grafik: Flooh Perlot
Quelle: ISA/SORA-Wahltagsbefragungen im Auftrag des ORF

Bei den unter 30-Jährigen ist hingegen bemerkenswert, dass ein früher häufig auftretender Vorsprung 2018 mehr und mehr verblasste: Die FPÖ schnitt in dieser Gruppe tendenziell nur durchschnittlich ab, etwaige Vorteile gab es nicht in dem Ausmaß, wie es bei früheren Landtagswahlen der Fall war. Klar bleibt hingegen das Ergebnis der Grünen: Unter Personen bis 29 Jahren waren sie meist stärker, bei WählerInnen ab 60 konnten sie 2018 nur wenige Personen ansprechen – was angesichts der demographischen Zusammensetzung der Wählerschaft ein generelles Problem der Partei war und bleibt.

Es gibt zahlreiche weitere Differenzierungen des Wahlverhaltens, der formale Bildungsgrad unterscheidet etwa FPÖ- und Grün-WählerInnen sehr klar, wobei Personen mit höheren Abschlüssen zu letzteren tendieren – und zwar so deutlich, dass sie bei Uni-AbsolventInnen in Kärnten den Einzug leicht geschafft hätten, in Niederösterreich (ex aequo mit der SPÖ) und Tirol auf Platz zwei sowie in Salzburg auf Platz eins gelegen wären.

Interessanter ist aber die Kombination, beispielsweise von Geschlecht und Alter. Für den angesprochenen AmtsinhaberIn-Bonus unter älteren WählerInnen zeigt sich, dass dieser in allen vier Wahlen noch stärker auf Frauen ab 60 Jahren basiert, diese von den Landeshauptleuten offenbar besser angesprochen wurden. Männer und Frauen unter 45 Jahren stehen einander als überdurchschnittlich starke FPÖ- bzw. Grün-AnhängerInnen gegenüber.

Ein Trend ist ebenfalls klar ersichtlich: Die Wahlbeteiligung ist allerorts zurückgegangen, in Tirol von einem ohnehin schon niedrigen Niveau von rund 60 Prozent nur minimal, in Salzburg und Kärnten mit sechs bis sieben Prozentpunkten ziemlich stark. Sie war in allen vier Bundesländern bei Landtagswahlen noch nie so niedrig. Ursachen dafür können etwa, durchaus positiv, fehlende Konflikte sein, die Ansicht, dass Landtagswahlen nicht ganz so wichtig sind oder generelle Zufriedenheit.

Zumindest an der Menge der wählbaren Parteien dürfte es nicht gelegen haben. Neben ÖVP, SPÖ, FPÖ, Grünen und NEOS traten insgesamt zwölf weitere Gruppierungen an, mit Ausnahme der Liste Fritz (Tirol) und des Team Kärnten (beide waren schon im Landtag vertreten) erzielten sie alle keine Mandate.

Quelle für alle Daten zum Wahlverhalten: ISA/SORA-Wahltagsbefragungen im Auftrag des ORF (telefonische Befragungen, Stichprobe jeweils rund 1.200, siehe strategieanalysen.at/wahlen).