Heimat, Demokratie und Teilhabe

Ende November präsentierten PolitikwissenschafterInnen verschiedenster Richtungen aktuelle Ergebnisse ihrer Forschung an der Uni Innsbruck. Das Austrian Democracy Lab (ADL) war mit drei Beiträgen beim Tag der Politikwissenschaft 2018 dabei.

Heimat ist der zentrale Begriff eines Forschungsschwerpunkts von Andrea Tony Hermann: Seine Vieldeutigkeit ist spätestens seit der Bundespräsidentschaftswahl 2016 in Österreich offensichtlich, die generelle Konjunktur von „Heimat“ macht aber beispielsweise auch die Einrichtung von Heimatressorts in Ministerien auf Bundes- und Länderebene in Deutschland deutlich. Wurde der Begriff lange Zeit vor allem durch rechte oder konservative AkteurInnen definiert, versuchen mittlerweile auch grüne oder sozialdemokratische Parteien und PolitikerInnen, ihn inhaltlich zu besetzen.

Die Arbeit legt die unterschiedlichen Verwendungen und Deutungsangebote von „Heimat“ im Wahlkampf um die österreichische Bundespräsidentschaft 2016 offen: Alexander Van der Bellen repräsentierte ein eher offenes, dynamisches Heimatverständnis, indem er mehrere „Heimaten“ und deren Veränderbarkeit in den Mittelpunkt rückte. Norbert Hofer hingegen vertrat einen eher geschlossenen, statischen Heimatbegriff, der insbesondere auf Österreich als zentralen und zu bewahrenden Heimatraum Bezug nahm.

Demokratie-Bilder

Dem Dauerthema „Zustand der Demokratie“ nähert sich Daniela Ingruber mit „Demokratie-Bildern“ an. In einer qualitativen Erhebung, die auf (bisher) 27 persönlichen Interviews beruht, werden persönliche, zuweilen auch emotionale Bindungen zu Demokratie beleuchtet. Es geht bewusst um Einzelstimmen, konkrete Erinnerungen und persönliche Verbindungen mit dem Thema. Auf diese Weise soll gezeigt werden, dass Demokratie Teil des individuellen Alltags ist.

Erste Ergebnisse zeigen, dass das politische Denken der ÖsterreicherInnen keineswegs nachgelassen hat. Die meisten Befragten halten die Demokratie für das denkbar beste Regierungssystem, wollen dieses aber modernisieren und als ein System im Wandel wahrgenommen sehen. Das Vertrauen in die PolitikerInnen ist eher gering, weswegen ein Großteil der Interviewten sich in gewisser Weise um die Zukunft der Demokratie sorgt. Geäußert werden aber auch durchaus Wünsche an die Politik, wie sich das System entwickeln soll – etwa in Richtung mehr konkreter Beteiligungsformen, aber auch mehr politischer Bildung. Als problematisch bezeichnen die Befragten weniger eine (vermutete) Spaltung der Gesellschaft, sondern dass man aufgehört hat, einander zuzuhören.

Politische Beteiligung

Warum sich jemand aber überhaupt politisch beteiligt, damit setzen sich Katrin Praprotnik und Flooh Perlot auseinander. Basierend auf den Daten der ersten Welle des Demokratieradars haben sie den Einfluss unterschiedlicher Faktoren wie etwa einem persönlichen Veränderungswunsch oder dem politischen Selbstvertrauen von Menschen auf die politische Beteiligung nachgezeichnet.

Diese wurde anhand einer Liste mit verschiedenen Formen der Partizipation, vom Volksbegehren bis zur Kontaktaufnahme mit PolitikerInnen oder dem Diskutieren und Posten im Internet, gemessen. Die Ergebnisse zeigen unter anderem, dass sich Menschen, die sich selbst zutrauen, über Politik zu diskutieren, dann auch mehr an Politik partizipieren. Ebenso beteiligen sich jene stärker, die sich politisch links oder rechts der Mitte positionieren. Ähnliches gilt für den Eindruck, dass sich die Gesellschaft bzw. das eigene Leben negativ entwickeln. Die Basis bleibt freilich das politische Interesse: Ohne eine grundlegende Aufgeschlossenheit für politische Themen ist Partizipation an sich nur schwer vorstellbar.

 

Nach der Gelegenheit, im Rahmen des Tag der Politikwissenschaft aktuelle Arbeiten des ADL vorzustellen, werden in der nächsten Zeit auch hier im Blog weitere Informationen dazu folgen.