Medien, Realität und Vertrauen

Massenmedien sind für die Demokratie unerlässlich. Damit sie ihre Aufgaben erfüllen können, sind nicht nur Voraussetzungen wie die Pressefreiheit essentiell, sondern auch ein grundlegendes Vertrauen seitens des Publikums.

„Was wir über die unsere Gesellschaft (..) wissen, wissen wir durch die Massenmedien“ (Luhmann 2004, 9). Dieser vielzitierte Satz soll in erster Linie ausdrücken, dass Fernsehen, Radio oder Zeitungen durch ihre Arbeit wesentlich dazu beitragen, was das Publikum tagtäglich von der Welt mitbekommt – vor allem in jenen Bereichen, in die man persönlich keinen direkten Einblick hat.

Massenmedien vermitteln in diesem Prozess aber nicht nur die Realität, sie konstruieren sie bis zu einem gewissen Teil mit. Aufgrund ihrer Logik, einem Ereignis mit Neuigkeitswert den Vorrang vor dem gewöhnlichen Alltag einzuräumen, betonen sie stets eine bestimmte Sichtweise stärker.

Wenn sich die subjektive Wahrnehmung der Wirklichkeit und die medial vermittelte Realität nicht mehr decken, sondern möglicherweise sogar auseinanderentwickeln, dann fordert das (neben anderen Ursachen) die Glaubwürdigkeit der Medien heraus – was in Kampfbegriffen wie „Fake News“ oder „Lügenpresse“ gipfelt. Für die USA hat unlängst eine umfassende Zeitreihe des Meinungsforschungsinstituts Gallup einen recht eindeutig negativen Trend gezeigt.

Verallgemeinern lässt sich der Befund kaum, zu unterschiedlich sind etwa die Mediensysteme verschiedener Länder. In Österreich konnten laut Eurobarometer Printmedien und Fernsehen zuletzt wieder mehr Personen von sich überzeugen. Verglichen mit den Werten um die 2000er Jahre vertrauen ihnen hierzulande mittlerweile sogar (etwas) mehr Menschen (siehe Grafik).

Vertrauen in Fernsehen und Presse in Österreich 2000-2017

Anmerkung: Anteil der Personen, die dem Fernsehen bzw. der Presse eher Vertrauen bzw. eher kein Vertrauen entgegenbringen. Rest auf 100 Prozent = keine Angabe.
Grafik: Flooh Perlot
Quelle: Eurobarometer.

Ganz so einfach ist die Sache allerdings nicht: Aktuell meinen etwa nur rund 40 Prozent, dass man dem Großteil der Nachrichten in Österreich meistens vertrauen kann (knapp 28 Prozent verneinen die Frage, ein Drittel macht keine Angaben; Reuters Digital News Report 2018). Um eine Erklärung dafür zu finden, muss man den Begriff medialer Glaubwürdigkeit etwas genauer betrachten.

Konzentriert man sich auf den Vorwurf, Medien würden die Wirklichkeit verzerren, dann muss man zunächst zwischen einer objektiven und einer subjektiven Verzerrung unterscheiden (eine gute Aufbereitung dieser verschiedener Ebenen  findet sich etwa hier). Objektiv würde heißen, dass  gemessen an klar definierten Kriterien – die erst festzulegen sind – tatsächlich eine Schieflage in der Berichterstattung gibt. Wenn etwa ein Medium den Anspruch hat, zu jedem politischen Thema alle Parlamentsparteien zu Wort kommen zu lassen, dann aber einzelne Parteien gezielt ignoriert, dann wäre das eine objektive Verzerrung.

Subjektiv hingegen ist, was beim Publikum ankommt. Jede/r MedienkonsumentIn nimmt die dargebotenen Informationen nicht einfach auf, sondern betrachtet sie stets durch seine eigene weltanschauliche Brille. Was man persönlich als falsch oder ungerecht empfindet, hat nichts mit einer objektiven Korrektheit zu tun. Trotzdem führt das gerade in der politischen Berichterstattung schnell dazu, dass man die eigenen Standpunkte (und vielleicht die eigene Partei) als benachteiligt empfindet. Wie extrem sich diese Einstellungen auswirken können, zeigt das Beispiel der USA.

Vertrauen in die Medien in den USA nach politischer Selbsteinordnung

Anmerkung: Dargestellt ist die subjektive Vertrauenswürdigkeit unterschiedlicher Medien in den USA bei Personen, die sich politisch links, mittig oder rechts einordnen. Höhere Werte (=Kreise weiter rechts) bedeuten mehr Vertrauen.
Grafik: Flooh Perlot
Quelle: Reuters Digital News Report 2018

So gesehen ist jede Diskussion über die Vertrauenswürdigkeit von Medien auch geprägt von den persönlichen Einstellungen. Das heißt nicht, dass es nicht viele objektive Kritikpunkte an der massenmedialen Berichterstattung geben kann. Ein subjektiver Anteil daran lässt sich aber kaum ausblenden.

Quelle: Luhmann, Niklas: Die Realität der Massenmedien. 3. Auflage. Wiesbaden 2004