Revolution will heute vor allem Aufmerksamkeit

Protestierende müssen keine Bilder mehr zerstören, sondern welche erschaffen.

Schockstarre bei den einen, Siegestaumel bei den anderen – und wieder andere bereiten die Nachahmung vor. Auch wenn einige der Täter inzwischen verhaftet wurden, sind sie als Erstürmer des US-Kapitols die erklärten Sieger. Das wissen auch die Organisatoren ganz anderer Proteste. In den Foren der Querdenkerbewegung wird zu ähnlichen Kundmachungen der Unzufriedenheit aufgerufen. Man lernt aus Washington, dass die Gewalt vor allem eine bildliche sein muss.

Statt einer blutigen Revolution gibt es ab sofort den Bildersturm anderer Art. Man reißt keine Denkmäler mehr ein, man schafft neue, indem man sich via Selfie der Welt mitteilt. Man zerstört keine Bilder, wie die Ikonoklasten, sondern generiert Bilder von sich selbst an Orten mit Symbolcharakter. Es geht um die vollkommene Verunglimpfung, die zeigt, wie wehrlos die Demokratie sein kann.

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Freiheit zu verkraften, muss man erst lernen

Dieses Land braucht endlich wieder Kultur, um dies nicht zu vergessen.

Freiheit ist ein schönes Wort. Im Jahr 2020 war es ein vielstrapaziertes Wort. Das dürfte sich 2021 verstärken, denn Freiheit basiert nicht nur auf Fakten, sondern auch auf Wahrnehmung. Letztere wird ununterbrochen beeinflusst von sozialen Zusammenhängen, Erziehung, Erfahrungen, Nachrichten, aber auch von Emotionen und von der Sehnsucht, geliebt und anerkannt zu werden. So ist Wahrnehmung nicht unbedingt an die Realität gebunden; genau so wenig wie die Wirklichkeit selbst.

Regierungen müssten sich weitaus mehr mit dieser fließenden Form der Wahrnehmung und den heiligen Begriffen der Bevölkerung auseinandersetzen. Freiheit ist solch ein Begriff. Kunst führt uns das seit Jahrhunderten in schönsten Formen vor.

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